Die Rose des Kleinen Prinzen

Kostbarkeiten
Jeder von uns hat seine persönliche Rose, die er hegt und pflegt und für die er gerne viel auf sich nimmt…

Mit rotgeweinten, verquollenen Panda-Augen starre ich leer auf die Socke, die mein Hund entführt und auf den Teppich verschleppt hat. Kein Quietschen, kein frecher Hundeblick, kein warmes Fell neben mir heute Abend. Heute Abend schläft mein vergötterter kleiner Fuchs in einer sterilen Box in einer Tierklinik. Nicht mal sein Lieblingskuscheltier durfte mit.

Klingt übertrieben albern, findest du? Vielleicht gehörst du dann eher zu der Sorte Mensch, die beim Gedanken eines winzigen Kratzers im teuren Autolack Herzstolpern erleiden… Jeder Mensch hat etwas oder jemanden, um den er sich kümmert, ihn hegt und pflegt und behütet wie einen kostbaren Schatz. Zumindest sollte jeder so etwas oder jemanden haben. Wie der Kleine Prinz mit seiner Rose.

Auf Schatzsuche

Wer seine kostbaren Schätze all zu selbstverständlich tagtäglich um sich hat, verliert sich zu oft zu schnell im Kleinklein.
Ehe du dich versiehst, drehen sich die Prioritäten um Listen, Deadlines, To-Do’s und nervige Kommentare Dritter. Du eilst von Termin zu Termin und bietest halbherzig halboffene Ohren an. Insgeheim wirken die Problemchen der anderen ja doch stets viel kleiner als die eigenen. Du echauffierst dich über die Unfähigkeit anderer, sei es im Büro oder im Straßenverkehr. Du ärgerst dich über den Papierstau im Drucker oder die Warnleuchte an der Kaffeemaschine. Du wuselst geschäftig den ganzen Tag umher, nur um abends völlig k.o. auf die Couch zu sinken.

Irgendwann beginnst du am Sinn des Daseins zu zweifeln, liest das Café am Rande der Welt und malst achtsam in Bullet Journals. Weil du selbst bemerkst, dass da irgendwo mehr sein muss als bloß flüchtiger Ärger, Frust und Adrenalinrausch.

Mein Schatz

Ja, ich habe das Buch auch gelesen und konnte dennoch nicht viel damit anfangen. Ja, ich habe auch Ausmalbücher und doch ist bisher nur der Umschlag bunt… Denn für mich gibt es einen anderen Ausgleich. Einen, der zu je seiner Zeit meine volle Konzentration einfordert und so meinen Kopf frei pustet. Einen, der mich nach Draußen zwingt bei jedem Wetter und mich so täglich neue kleine Naturwunder entdecken lässt und somit das staunende Kind in mir wachhält. Einer, der meine Füße wärmt und mir das Herz aufgehen lässt, sodass sinnloses Kleinklein einfach im Nichts verschwindet.

Dieser „Einer“, das ist mein Hund. Mein kleiner Fuchs. Er treibt mich gerne mal an den Rand des Wahnsinns und durchkreuzt alle Hoffnung auf Ausschlafen. Zu oft wird er zum organisatorischen Objekt, wenn es darum geht, wer ihn wann nimmt. Nun jedoch ist er in der Tierklinik. Plötzlich vermisse ich es, heute Abend nicht mehr hundemüde in die dunkle Kälte rausstapfen zu müssen. Plötzlich sind mir diese Listen, Termine, Staus und Computeraussetzer nicht mehr so wichtig. Wie schnell sich doch manchmal Prioritäten verschieben können.

Kein Superheld

Mich an so einem Abend hinsetzen und einen Blogbeitrag darüber schreiben, wie sehr ich mich über den Liebster Award freue? No way. Wieso kostbare Zeit damit verschwenden, sich mit der Recherche abzumühen, suchmaschinenoptimierte Überschriften zu erzwingen, mit WordPress zu kämpfen und sich über das Facebook-Plugin zu ärgern? Nein, ich bin traurig und versuche mich davon abzulenken. Ich mache mir Sorgen und zugleich ist es mir vor Fremden peinlich, dass ich so sehr an meinem kleinen Rüpel hänge, dass mich ein Klinikaufenthalt gleich dermaßen aus der Bahn wirft.

Ich liebe es, euch mit meinen Textschnipseln zu berühren, zu motivieren und zum Lächeln wie Nachdenken zu bewegen. Doch momentan habe ich keine Lust auf happy Blogschreiben. Seht es mir nach…

PS

Den Text habe ich am Donnerstagabend geschrieben. Kleines Update: Soeben kam der erlösende Anruf: Dem kleinen Fuchs geht es wieder besser und wird heute Abend aus der Tierklinik entlassen…

Nachtrag: Beim Abholen ist ein anderer Hund vor der Klinik tot zusammengebrochen. Wir sollten verdammt noch mal unser Glück wertschätzen, achtsam damit umgehen und dankbar sein für alles Liebe um uns herum…

4 Gedanken zu „Die Rose des Kleinen Prinzen

  • 27/10/2017 um 19:09
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    Kann ich absolut nachvollziehen.
    Alles Gute dem kleinen Fuchs! Dackeldame Lucy und ihr menschliches Rudel drücken Pfötchen und Daumen. <3

    Liebe Grüße, Claudia

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    • 27/10/2017 um 20:06
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      Danke! Es hat geholfen! Andere haben da nicht so viel Glück… Ich bin einfach nur dankbar, den Kleinen wieder um mich zu haben.

      Antwort
  • 27/10/2017 um 17:15
    Permalink

    Liebe Wiebke, hab den Beitrag voller Freude, teils auch mit Tränen in den Augen gelesen, bin immer einfach zu emotional und mitfühlend . Aber Hunde sind so tolle Geschöpfe, ich liebe sie einfach, auch besonders natürlich die Hündin meines Sohnes, die ich ab und zu betreue, wie auch dieses Wochenende, da mein Sohn einem Freund in Hamburg beim Umzug hilft. Die Blunty ist aus einem Wurf von 7 Welpen, von denen nur noch sie lebt, denn mein Sohn hat Kontakt zu “ Blunty’s Geschwistern“ gepflegt. Kann das alles voll nachempfinden und es muss Dir niemals peinlich sein….genau das zeigt , dass Du ein toller Mensch bist ! Manchmal sind Hunde sogar besser als manche “angeblichen “ Freunde… Und wie hab ich mich über das PS gefreut ! ! 🙂 🙂 🙂 Wünsche Euch ein jetzt fröhliches Wochenende und ein freundliches Wuff von Blunty zu Deinem Hund. Schicke Dir mal paar Fotos von“unserer Süßen“ über whats app, glaub hierüber geht’s nicht. Ganz liebe Grüße von uns nach Sachsen Blunty und Harriet

    Antwort
    • 27/10/2017 um 20:09
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      Oh ja, diese Hundeliebe teile ich mir dir! Auch wenn ich vor viel zu vielen Hunden Schiss habe. Zu oft allerdings sind es die Besitzer, die mir Angst einjagen mit ihrem groben Umgang manchmal. Liebe Grüße an Blunty und ein entspanntes Hundewochenende wünschen wir euch!

      Antwort

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